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Wien kämpft um seinen Ruf › absatzwirtschaft

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Wien kämpft um seinen Ruf › absatzwirtschaft

An freie Tische haben sich Wiens Traditionshäuser gewöhnt. Doch die erneute Reisewarnung trifft Gastronomie und Hotellerie hart. Wien fürchtet um seinen Ruf als lebenswerteste Stadt der Welt.

Die Schocknachricht kam über die betriebseigene App. Mitte
September blinkte auf den Smartphones der Hotel-Sacher-Mitarbeiter die Meldung
auf, dass 140 von ihnen gehen müssen. Eigentlich verteilen
Abteilungsmitarbeiter über die App Schichtpläne und Neuigkeiten, der
Geschäftsführer verschickt Weihnachts- und Geburtstagsgrüße.

Diesmal hieß es: “Ein Virus hat die ganze Welt krank gemacht und die Wirtschaft angehalten. Mit Sicherheit sind wir in der schwierigsten Situation der jüngeren Sacher-Geschichte. Vielleicht stellt sich jetzt gerade die schwerste Aufgabe für Sacher seit 1832 überhaupt.” 30 Prozent der Mitarbeiter müssen gekündigt werden, auch damit die Schließung der Hotels verhindert werden kann. 35 davon müssen in Salzburg die Gruppe verlassen, die anderen verlassen das Wiener Stammhaus.

Übernachtungen gingen um 88 Prozent zurück

Am Hotel Sacher in Wien kommen weder Touristen noch
Wiener vorbei. Kaum ein Komplex ist zwischen den drei wichtigen Wiener
Institutionen Oper, Albertina und Kärntner Straße so präsent wie das Sacher. 1872
erbaut, macht es heute sechs Gebäude aus, beherbergt drei Restaurants, ist auf
sechs Etagen gestreckt. Das Hotel ist Mitglied der Leading Hotels of the World.
Wiens bekanntester Kuchen, die Sacher Torte, hat dort seine Heimat. In normalen
Zeiten ist es nahezu unmöglich, ohne Wartezeit ein Stück davon im Hotel-Café
essen zu können. Nun ist das Haus Sinnbild dafür, wie sehr Wien mit der
Pandemie aber auch um seinen Ruf als lebenswerteste Stadt der Welt kämpft.

Um 88 Prozent sind die Übernachtungen in der Wiener
Stadthotellerie im Juni eingebrochen. Im Juli lag das Minus noch bei 73
Prozent. Die Auslastung lag während der Sommermonate bei weniger als 20
Prozent. Während die Hotels und Gasthäuser in anderen österreichischen
Touristenhochburgen wie am Wörthersee und im Burgenland im Juli und August
Gäste zurückgewinnen konnten, blieb Wien leer. Dass erst die Schweiz am 11.
September, dann Deutschland und jetzt noch die Niederlande eine Reisewarnung
für Wien herausgaben, machte nur offiziell, was die Hoteliers seit Mitte August
wussten: Herbst und Winter kann man abschreiben.

Schon jetzt rechnen die einzelnen Häuser mit nicht mehr
einholbaren zweistelligen Millionenverlusten für 2020. Die aktuellen Umsätze
decken nicht einmal die laufenden Kosten aus Miete, EDV, Wareneinsatz, oder die
Haustechnik.

Wien Tourismus: 35.000 von 116.000 Jobs stehen auf der
Kippe

Nun steht die Corona-Ampel erneut auf Rot und den Hotels,
die hart gekämpft haben, ihre Mitarbeiter zu halten, bleiben nur Kündigungen
und im Zweifel Geschäftsaufgaben. Sacher waren die ersten in Wien, die mit
ihrem Kündigungsprogramm an die Öffentlichkeit gegangen sind. Aber nicht nur
hier müssen Mitarbeiter gehen.

Die Schick-Gruppe, die mit dem Hotel Stefanie das älteste
Hotel der Stadt und vier weitere unterhält, musste am 1. Oktober 100
Kündigungen aussprechen. Das Intercontinental am Heumarkt baut ebenfalls ab.
Wien Tourismus rechnet damit, dass 35.000 der 116.000 Jobs im Service und in
der Hotellerie auf der Kippe stehen. Am 1. Oktober beginnt die dritte Phase der
Kurzarbeit. Diese sieht unter anderem vor, dass Mitarbeiter anstatt der
bisherigen zehn mindestens 30 Prozent arbeiten müssen. Das bedeutet für Viele
den Kündigungsgrund. Dachten zunächst alle, dass sie zumindest in absehbarer
Zeit wiederkommen können, ist dies inzwischen mehr als ungewiss.

Lockdown und Öffnung: Österreich war Deutschland
voraus

Österreich war Deutschland bislang in allen Maßnahmen einen Schritt voraus, beim Lockdown genauso wie bei der schrittweisen Öffnung des Handels. Gerade darum schauen viele deutsche Tourismusmetropolen wie München oder Regensburg genau, was in Wien aktuell passiert.

Fest steht: Die großen Städte hatten es über den Sommer
schwerer, Touristen zurückzugewinnen und eine etwaige zweite Welle wird diese
auch wieder härter treffen. Die Hoffnung, die viele Hoteliers dank der geringen,
aber immerhin wachsenden Touristenzahlen über den Sommer auch in Wien hatten,
ist nun zunichte gemacht worden. Die Hälfte der 435 Wiener Hotels hat im Juni,
als die Covid-Gesetze den Betrieb wieder erlaubt haben gar nicht erst
wiedereröffnet.

“Wachkoma”, nennt der Geschäftsführer von Wien Tourismus, Norbert Kettner, diesen Zustand vor den Medien. Jeder vierte Betrieb könnte daraus nicht mehr erwachen. Und wer überhaupt wieder öffnet, tut es im Schonbetrieb. Im Sacher erhalten nur Stammgäste Ausnahmen, alle anderen Gäste dürfen nur in zwei bestimmt Stockwerke nächtigen. 17,6 Millionen Übernachtungen in 80.000 Gästebetten konnte Wien 2019 noch verzeichnen, vier Milliarden Euro bringt der Tourismus der Stadt pro Jahr. Jede Million Euro, die Touristen während eines Wienaufenthalts ausgeben, schafft elf Vollzeitarbeitsplätze, so die Stadt.

Hat Wien zu lang auf asiatische und US-Gäste gesetzt?

Aber – so lautet die Kritik und damit auch die Lektion
für viele andere Städte – die dramatische Lage liege auch darin begründet, dass
Wien zu lange ausschließlich auf externe Gäste gesetzt hat.

Wer Kommunikation und Preisgestaltung ausschließlich nach
den asiatischen und US-amerikanischen Gästen ausrichtet, den trifft jeder
Rückschlag hart. Diese Erkenntnis wirkt nun zumindest wie ein kleiner
Lichtstrahl und als Motivation, ab jetzt viel stärker Wiener und Österreicher
in das Tourismuskonzept aufzunehmen.

Immerhin bekommen die Wiener selbst derzeit einen
Platz in ihren Kaffeehäusern und Traditionsbetrieben. Und obwohl sie um die
Lage der Stadt wissen, sie freut es auch, Wien für sich zu haben. Zumindest die
jüngsten Werbeaktionen des Hotel Sacher richten sich an das regionale Publikum.
Mit dem Konzept, die lebenswerteste Stadt für Wiener selbst zu werden, ist Wien
aber noch am Anfang.

absatzwirtschaft+

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