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Pilzexperte Volbracht: „Trüffelschweine sind nur noch was für Touristen“

Pilzexperte Volbracht: "Trüffelschweine sind nur noch was für Touristen"

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Pilzexperte Volbracht: „Trüffelschweine sind nur noch was für Touristen“

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von Tina Pokern
24.01.2021, 18:36 Uhr

Echte Trüffel gehören zu den teuersten Lebensmitteln der Welt. Christian Volbracht erklärt im Interview, welche Knollen ihr Geld wert sind und warum man dringend davon Abstand nehmen sollte, in Frankreich selbst auf die Suche zu gehen.

Herr Volbracht, die Gretchenfrage zuerst, weiße oder schwarze Trüffel, welche sind das Beste vom Besten?

Geht es um die allerbesten Trüffelarten, dann reden wir bei Weißen von Alba- oder Piemont, beim Schwarzen von Périgord-Trüffeln. Die weiße Trüffel kocht man fast überhaupt nicht, sie wird mit einem dünnen Hobel über das Essen gerieben. Die Périgord-Trüffel hingegen entfaltet ihren Reiz, wenn man sie mitkocht – meist im Rührei oder in der Soße. Daher ist es eine Frage, wie man die Trüffeln verwenden möchte.

Worauf sollte man beim Trüffelkauf achten, um wirklich Top-Qualität zu bekommen?

Im Herbst werden weniger intensive Sommertrüffeln oder Burgundertrüffeln angeboten, ab Oktober Alba-Trüffeln und ab Dezember Périgord-Trüffeln. Wichtig ist, dass man beim Händler nicht nur nach schwarzen oder weißen Trüffeln fragt, sondern nach der Trüffelart. Und ein Tipp für alle, die jetzt schwarze Périgord-Trüffel ausprobieren möchten, sie müssen nicht perfekt geformt sein. Sie schmecken genauso gut, wenn sie Verformungen haben oder man sie in Stücken kauft – das ist auch preiswerter. Vorsicht aber vor Chinatrüffeln.

Chinatrüffel?

Die Chinatrüffel ist optisch von der Périgordtrüffel kaum zu unterscheiden, dafür aber nur ein Zehntel so teuer. Sie hat so gut wie keinen Geruch und ist sehr schwach im Geschmack. In vielen Produkten, auf denen „mit Trüffel“ draufsteht, ist heutzutage Chinatrüffel drin. Gern in Kombination mit künstlichen Trüffelaromen, die zugegeben werden.

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Um die mindere Qualität auszugleichen, wird mit Aroma gepanscht?

Das kommt immer häufiger vor. Wer Produkte mit echtem Trüffel will, sollte daher unbedingt genau aufs Etikett achten. Sobald bei den Zutaten  nur das Wort „Aroma“ draufsteht, ist künstlich hergestelltes Trüffelaroma drin. Dieses künstliche Aroma riecht leider sehr unangehm und penetrant.

Trüffel ist ein Luxus-Produkt und entsprechend teuer. Sind die Preise gerechtfertigt?

Als Genießer und Liebhaber muss ich sagen, ja, die Preise sind gerechtfertigt. Natürlich nicht die Mondpreise, die bei mancher Wohltätigkeitsauktion aufgerufen werden. Die weiße Trüffel kostet je Kilo zwischen 3000 und 5000 Euro. Dazu muss man aber wissen, dass weiße Trüffeln sich überhaupt nicht kultivieren lassen und nur wild wachsen. Schwarze Périgord-Trüffel kosten normalerweise zwischen 900 und 1800 Euro das Kilogramm. Durch die Lockdowns und Restaurant-Schließungen sind die Trüffelpreise stark gesunken. Die Preise für schwarzen Trüffel liegen derzeit bei unter 1000 Euro je Kilogramm. Also eine günstige Gelegenheit zuzugreifen.

Naja, günstig …

Klar, Trüffeln sind eine Luxus-Delikatesse wie Kaviar oder die Gänsestopfleber. Aber man darf nicht vergessen, man benötigt keine großen Mengen zum Kochen. Einsteigern empfehle ich das Trüffel-Rührei. Dafür benötigt man pro Portion etwa 10 Gramm, also weniger als 10 Euro. Für diesen Preis bekommt man schon etwas ganz Besonderes.

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Trüffeln sind vor allem so hochpreisig, weil sie, wie Sie bereits erwähnten, nicht oder nur stark eingeschränkt kultiviert werden können. Damit sind die Mengen limitiert.

Genau.Trüffeln sind keine Produkte, die domestiziert werden können wie Äpfel. Weiße Trüffeln kann man überhaupt nicht kultivieren. Bei schwarzen Trüffeln kann man immerhin dafür sorgen, dass man günstige Wachstumsbedingungen für vorbereitete Trüffelbäumchen schafft. Die Spanier machen das sehr erfolgreich, indem sie an den Bäumchen Löcher ausheben und mit Blumenerde, die mit Trüffelstückchen versetzt ist, auffüllen. Die Stellen müssen dann noch besonders bewässert werden. Das bringt erstaunlich gute Ergebnisse.

Die Spanier? Kommen Périgord-Trüffeln nicht aus Frankreich?

Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass die Trüffeln, nur weil sie Piemont oder Périgord heißen, ausschließlich in Italien und Frankreich wachsen. Die Namen haben nichts mit dem Herkunftsort zu tun, sie beschreiben die Trüffelart. Tatsächlich kommen nur etwa 5 Prozent der Piemont-Trüffeln aus Piemont, der Rest aus Umbrien oder Kroatien und Serbien. Die Franzosen kaufen unterdessen viele schwarze Périgord-Trüffeln in Spanien. In Spanien wurden in der letzten Saison dreimal so viele Périgord-Trüffeln geernet wie in Frankreich und Italien zusammen. Aber: Das Herkunftsland hat keinen Einfluss auf den Geschmack, relevant sind die Art und der Reifegrad.

… und sogar in Deutschland kann man Trüffeln finden.

Stimmt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um exklusive Périgord-Trüffeln, sondern um Sommer- oder Burgundertrüffeln. Diese sind schwarze und innen hellbräunliche Trüffeln zweiter Ordnung. Um das mal ins Verhältnis zu setzen: Burgundertrüffeln kosten nur etwa die Hälfte von dem, was Périgord-Trüffeln kosten. Und mehr sind sie auch nicht wert. Sie riechen nicht so stark und sind schwieriger in der Handhabung beim Kochen. Vor allem im Leinetal, an der Ahr und weiter im Süden ­kann man viele solcher Sommertrüffeln finden. Dort sieht man inzwischen einige Liebhaber mit ihren Hunden durch die Wälder streifen und Trüffeln rauskratzen. Offiziell darf man das bei uns nicht. Es stimmt aber nicht, dass schon die Nazis die Trüffeln unter Naturschutz gestellt hätten. Das geschah erst 1986.

Also doch das Trüffelschwein schnappen und ab nach Italien oder Frankreich und dort auf die Suche gehen?

Trüffelschweine sind eigentlich nur noch was für Touristen. Schweine sind schwerer zu handhaben als Hunde, wenn sie etwas finden, fressen sie sofort los. Aber ob mit Schwein oder Hund, allein auf die Suche zu gehen, würde ich auf gar keinen Fall empfehlen. Nicht nur, weil man sich auskennen muss, um die Stellen überhaupt zu finden. Trüffeln wachsen tief im Boden und meist auf Privatgrund. Dort Trüffeln mitzunehmen, ist Diebstahl. Und weil schon wenige Mengen viel Geld bringen, werden die Trüffeln von den Bauern eifersüchtig geschützt. Wenn man so einfach auf die Suche geht, musste man fürchten, dass man eine Ladung Schrot in den Hintern geschossen bekommt. Besser ist es, gemeinsam mit einem Händler oder einem Truffière-Besitzer auf Suche zu gehen.

Es ist schwierig, aber nicht unmöglich, auch hierzulande schwarze Trüffel zu kultivieren. Warum wird das noch nicht mehr gemacht?

Es ist ein sehr von Hoffnung aufs große Glück bemühtes Unterfangen – und ein teures. Derzeit verdienen hauptsächlich die Trüffelbäumchen-Verkäufer an den Bestrebungen. Für einen Hektar Truffière muss man etwa 20.000 Euro investieren, bis man erste Erfolge sieht, dauert es fünf bis sieben Jahre. Oft bleibt der Erfolg aus. Aber ja, versuchen kann man das, es ist eine faszinierende Herausforderung.

Christian Volbracht ist Journalist, Autor und Antiquar. In „Die Trüffel: Fake & Facts“ klärt der Hamburger Pilzexperte über Fakten, Mythen und Legenden rund um Trüffeln auf. Das Buch ist im Tre Torri Verlag erschienen, 184 Seiten, 35 Euro und wurde kürzlich mit dem Deutschen Kochbuchpreis in Gold ausgezeichnet. In seinem Antiquariatsbuchhandel MykoLibri bietet Volbracht außerdem seltene alte Pilz- und Trüffelbücher an.

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