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Krisendynamik eröffnet Chancen – wenn die Markenführung stimmt › absatzwirtschaft
Die Brand-Loyalität auf dem Tiefpunkt, zugleich ein wachsendes Bedürfnis nach Sicherheit – Covid-19 sorgt für neue Muster bei Konsumenten. Welche Lehren Marketer daraus ziehen können, war Thema auf der diesjährigen Marken-Roadshow in München.
Von Christine Mattauch
Corona prägt das Verbraucherverhalten – weit über den Höhepunkt der Krise hinaus. Wer rechtzeitig Konsequenzen zieht und seine Markenstrategie anpasst, kann zu den Gewinnern gehören und Marktanteile hinzugewinnen. Das war die Botschaft der sogenannten Marken-Roadshow am 1. September in München.
“Wir sehen große Dynamik in den Märkten”, sagt Harald Schuster, Head of Marketing Science, Insights and Integration der Nürnberger GfK, der die Krisenanalyse zusammen mit Peter Haller, Gründer der Münchner Agenturgruppe Serviceplan, und dem Hauptgeschäftsführer des Markenverbands Christian Köhler vorstellte.
Pandemie erfasst alle Lebensbereiche
Während nach früheren Rezessionen das Pendel nach einer mehrmonatigen Erholungsphase in Richtung Normalität zurückschlug, ist das diesmal offenbar nicht der Fall. Nicht nur ist die Konsumlaune nach wie vor fragil, auch die Muster sind andere geworden. Im Unterschied zu rein wirtschaftlichen Krisen hat die Pandemie alle Lebensbereiche der Konsumenten erfasst, ihre Bedürfnisstrukturen ebenso wie ihre Wertorientierungen. Rund 83 Prozent der Verbraucher ändern ihr Verhalten dauerhaft, kaufen etwa mehr Güter für die häusliche Infrastruktur, haben Umfragen der GfK in der DACH-Region ergeben. Auch die Touchpoints sind andere, Social Media und E-Commerce erleben massive Zuwächse. Mediaplaner tun gut daran, das zu berücksichtigen.
Geborgenheit wichtiger als Selbstinszenierung
Bei den Markenwerten gewinnen Geborgenheit und Nachhaltigkeit gegenüber Lebensfreude und Selbstinszenierung. Auf diese Verschiebung haben viele Marken noch nicht reagiert – und damit nach Ansicht der Experten dazu beigetragen, dass die Brand-Loyalität mit 41 Prozent auf den niedrigsten Wert seit 30 Jahren gesunken ist. Die Verbraucher fühlten sich von der Unternehmenskommunikation oft nicht mehr angesprochen und reagierten verunsichert, erklärt Schuster.
Dabei ist ihr Wunsch nach Sicherheit groß, wie sich etwa am wachsenden Anteil von Hersteller- gegenüber Handelsmarken zeigt. Oder auch an Zahlen wie diesen: Der Umsatz mit Gütern des täglichen Bedarfs (FMCG) stieg während der Pandemie um beachtliche zwölf Prozent – der von Bioläden indes um 20 und der von Erzeugern vor Ort sogar um 29 Prozent. Qualität und Herkunft zählen wieder: Für viele Unternehmen ist das eine gute Botschaft.
Markenführung neu ausrichten
Um von den Veränderungen zu profitieren, gilt es, die Markenführung neu auszurichten. “Mit Konzepten, die vor Corona erfolgreich waren, werden wir nicht zurechtkommen”, mahnt Haller.
Doch nur 40 Prozent der befragten CMOs waren dazu bereit. Dabei geht es nicht nur darum, die Positionierung zu überprüfen: Passt sie zum “Stay at home”-Trend und zum Verbraucherbedürfnis nach Nähe, Nachhaltigkeit und gesunder Lebensführung? Weil sich die Individualisierung fortsetzt, gelten “One size fits all”-Kampagnen zunehmend als überholt. Gefragt ist Echtzeit-Datenmanagement unter Einbeziehung künstlicher Intelligenz – und das sowohl in der Kreation als auch in der Mediaplanung. Da werden viele Agenturen technisch aufrüsten müssen.
Konsumenten bereit zu Markenwechseln
Chancen liegen auch in der Bereitschaft der Konsumenten zum Markenwechsel. Unternehmen, die auch in der Krise neue Produkte auf den Markt bringen und ihre Ausgaben für Werbung nicht zusammenstreichen, können nach den Zahlen der GfK deutlich Marktanteile gewinnen. Noch Jahre später lasse sich das an den Umsätzen ablesen, so Schuster: “Der Vorteil durch einen starken Impuls bleibt bestehen.”
Wo aber Chancen, da auch Risiken. Um zu verhindern, dass Konsumenten abwandern, empfehlen die Experten, Marketing nicht mehr vorranging an der Neukundengewinnung auszurichten, sondern auch die Bestandskunden besser zu pflegen. Das werden viele Konsumenten sicher gern hören.
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