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Abzug nach mehr als 20 Jahren: Die letzten US-Soldaten haben Afghanistan verlassen
Eine Minute vor Mitternacht
Abzug nach mehr als 20 Jahren: Die letzten US-Soldaten haben Afghanistan verlassen
Der Chinook muss auch noch mit: Die US-Armee verlädt einen Boeing CH-47-Hubschrauber in eine Air-Force-Transportmaschine
© Department of Defense/AP / DPA
Der Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan ist zu Ende – kurz vor Mitternacht startete das letzte US-Militärflugzeug am Kabuler Flughafen. Zehntausende Afghanen hoffen darauf, das Land trotzdem noch verlassen zu können.
Mit dem Abzug ihrer letzten Soldaten vom Flughafen Kabul haben die USA den Militäreinsatz in Afghanistan nach fast 20 Jahren beendet. „Ich bin hier, um die Vollendung unseres Abzugs aus Afghanistan zu verkünden“, sagte US-General Kenneth McKenzie, der das US-Zentralkommando Centcom führt, in einer Videoschalte mit Journalisten im Pentagon. Damit ende auch die militärische Mission zur Evakuierung von Amerikanern, Verbündeten und schutzsuchenden Afghanen. Das letzte US-Militärflugzeug habe eine Minute vor Mitternacht Ortszeit vom Kabuler Flughafen abgehoben. US-Präsident Joe Biden hatte diesen Dienstag als Stichtag für den US-Truppenabzug gesetzt.
116.700 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen
Die militant-islamistischen Taliban, die in Afghanistan die Macht übernommen hatten, feierten den Abzug. Der Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid schrieb auf Twitter, das Land habe jetzt die völlige Unabhängigkeit erreicht. Das hochrangige Taliban-Mitglied Anas Hakkani twitterte: „Wir schreiben wieder Geschichte. Die 20-jährige Besetzung Afghanistans durch die USA und die Nato endete heute Abend. Gott ist groß.“
Nach Angaben des Weißen Hauses brachten die USA und ihre Verbündeten bei der Evakuierungsmission seit dem 14. August rund 116.700 Menschen in Sicherheit. Die Bundeswehr hatte ihren Rettungseinsatz am Donnerstag beendet, Frankreich, Spanien und Großbritannien folgten am Freitag und Samstag. Immer noch befinden sich aber Zehntausende Menschen in Afghanistan, die vor den Taliban fliehen wollen – bei den meisten davon handelt es sich im Afghanen.
Die USA und die westlichen Partner haben wiederholt betont, dass es auch nach dem Ende des Einsatzes die Möglichkeit geben soll, Menschen in Sicherheit zu bringen. Der UN-Sicherheitsrat erhöhte den Druck auf die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan, die Menschenrechte zu wahren und Ausreisewillige ungehindert passieren zu lassen. In seltener Einigkeit verabschiedete das mächtigste UN-Gremium eine entsprechende Resolution. Die Entscheidung fiel mit 13 Ja-Stimmen, Russland und China enthielten sich. UN-Resolutionen sind völkerrechtlich bindend.
US-Abzug auf Ende August vorgezogen
In der Resolution, die von Großbritannien und Frankreich zusammen mit den USA und Irland vorgelegt wurde, verweist der UN-Sicherheitsrat auf die Zusagen der Taliban, dass Afghanen das Land jederzeit und auf allen möglichen Wegen ungehindert verlassen dürften. Man erwarte, „dass die Taliban diese und alle anderen Verpflichtungen einhalten“, heißt es darin. Zugleich unterstreicht das Gremium die Forderung nach einem ungehinderten humanitären Zugang sowie nach Wahrung der Menschenrechte in Afghanistan, insbesondere „der Rechte von Frauen, Kindern und Minderheiten“.
US-Präsident Joe Biden hatte im April angekündigt, alle US-Soldaten spätestens bis zum 11. September bedingungslos aus Afghanistan abzuziehen. An dem Datum ist der 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001, die den US-geführten Militäreinsatz in Afghanistan auslösten. Auch die Nato kündigte daraufhin an, den von ihr geführten internationalen Einsatz zu beenden. Im Juli zog Biden das Datum für das vollständigen Abzug auf den 31. August vor.
Nach Bidens Ankündigung legte der Siegeszug der Taliban noch an Geschwindigkeit zu, die militanten Islamisten übernahmen eine Provinzhauptstadt nach der anderen – oftmals leisteten die afghanischen Sicherheitskräfte wenig oder keinen Widerstand. Am 15. August floh der afghanische Präsident Aschraf Ghani ins Ausland, die Taliban marschierten kampflos in der afghanischen Hauptstadt Kabul ein und besetzten den Präsidentenpalast. Die US-Botschaft wurde geschlossen, die Diplomaten flohen an den Flughafen.
Der Flughafen in Kabul blieb auch nach der Machtübernahme der Taliban unter Kontrolle der US-Truppen. Die USA flogen 5000 zusätzliche Soldaten ein, um die Evakuierungen abzusichern. US-Kommandeure koordinierten sich dabei mit den Taliban. Bei einem Anschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) am vergangenen Donnerstag wurden vor dem Flughafen Dutzende Afghanen und 13 US-Soldaten getötet. Der IS und die Taliban sind miteinander verfeindet.
nik
DPA